Imkersterben am Frühstückstisch – offener Brief an Bundesministerin Steffi Lemke

Nein , der Titel ist nicht zu provokant. Womöglich entscheidet sich die Zukunft der deutschen Imkerei derzeit u.a. auch mit der Frühstücksrichtlinie.

In Kürze finden die Abstimmungen im Parlament zu den Änderungen der sogenannten Frühstücksrichtlinie statt. Bis Ende November soll dazu entschieden werden. Wir brauchen jetzt die Unterstützung aller Abgeordneten, um die Bienen, die Berufsimker und den Honig als Qualitätsprodukt zu retten.

Druck auf regionalen Markt und Preise wächst

Derzeit wird unser Markt regelrecht geflutet von gepanschten Importhonigen. Fast jedes 2. Glas Honig ist laut EU-Kommissionsbericht mit billigem Zuckersirup getreckt und drückt damit massiv auf unsere Verkaufspreise. Gleichzeitig kommen weitere Faktoren hinzu, die uns deutschen Imkern den internationalen Wettbewerb mittlerweile fast unmöglich machen:

  • die Zollfreiheit durch Freihandelsabkommen für Importhonige, v. a. aus Asien und Südamerika – damit fallen 17 % Zoll für mehrere zehntausend Tonnen Honig pro Jahr weg,
  • die akute Produktionskostensteigerung um 30 bis 40 % der letzten 2 Jahre, z. B. für Zucker als Winterfutter, für Benzin, Heizung, Strom oder Gläser,
  • die fehlende landwirtschaftliche Förderung, Berufsimker zählen zu den Landwirten, erhalten aber keine Subvention,
  • der Umsatzrückgang in 2023 zwischen 20 % bis 40 %.

Die Verbraucher sind offensichtlich nicht in der Lage, noch höhere Kosten für regional produzierten Honig zu bezahlen. Dass sie mit den billigeren Produkten aus dem Ausland eventuell kein reines, hochqualitatives Produkt bekommen und viele Honige gepanscht sind, ist aber mittlerweile beim Verbraucher angekommen.

Chance Volldeklaration und glasklare Transparenz

Die diskutierte Neufassung der Frühstücksrichtlinie ist jetzt die Chance für uns, den Preiskampf abzumildern und zumindest in dem Punkt der Verbrauchersicherheit schnell einen Hebel anzusetzen, und unsere lokale Produktion auch politisch zu stärken. Gleichzeitig kommen wir damit der Kommissionsstrategie „Vom Hof auf den Tisch“ bzw. „Farm to Fork“ entgegen, die nach dem Wunsch der Vereinten Nationen die Versorgung mit „nachhaltigen und gesünderen Lebensmitteln“ sicherstellen soll.

Weg mit leerer Worthülse: Mischung aus EU- und Nicht-EU-Ländern

Wir fordern deshalb, dass die bisherige Angabe auf Honiggläsern „Mischung von Honig aus EU- und Nicht-EU-Ländern“ entfällt. Sie ist nichts als Augenwischerei für den Verbraucher. Sie bedeutet, dass der Honig nicht aus Deutschland stammt, aber selbst das kommt nicht klar rüber. In der Regel stammen diese Honige aus

Süd- und Mittelamerika, Osteuropa und zunehmend auch aus China. Mit diesen niedrigpreisigen Importen können wir Imker, die nach der deutschen Honigverordnung höchste Reinheits- und Qualitätsnormen erfüllen, nicht mithalten. Auch unter dem Aspekt Nachhaltigkeit und ökologischer Fußabdruck sind weltweite Importe, die lokale Erzeuger verdrängen, undiskutabel.

Angabe aller Herkunftsländer mit Prozentanteil

Wir müssen sicherstellen, dass Verbraucher glasklar und korrekt über die Herkunft und damit indirekt auch über die Qualität des Honigs informiert werden. Der Deutsche Berufs- und Erwerbsimkerbund (DBIB) und Europäische Berufsimkerbund (EPBA) fordern von der EU, dass die Herkunftsländer beim Honig, vor allem bei Mischhonigen mit dem Prozentanteil auf dem Honigetikett angegeben werden müssen, beispielsweise: China 80 %, Argentinien 10 % und Mexiko 10 %. Nur so kann der Verbraucher eine Entscheidung treffen. Die derzeitige Angabe EU/Nicht-EU sehen wir nicht als Verbraucherinformation, sondern als Verbraucherirreführung an.

Gegen ruinösen und unfairen Wettbewerb

Unser Selbstversorgungsgrad bei Honig liegt derzeit bei gerade mal 40 Prozent, und das ist der höchste innerhalb der letzten 15 Jahre. Wenn wir nicht wollen, dass unsere hauseigene Produktion wieder massiv sinkt und wir auf noch mehr Importe – ob gute oder schlechte – angewiesen sind, muss sich die Politik jetzt hinter uns stellen und sich klar zu uns positionieren.

Die Deutsche Imkerei ist ernsthaft in Gefahr

Denn die deutsche Imkerei ist so unwirtschaftlich geworden, dass ein berufliches Auskommen kaum noch erwirtschaftet werden kann, schon gar nicht über den Honigpreis. Gleichzeitig wäre ein Imkersterben dramatisch für die hiesige Landwirtschaft. Denn: Gut die Hälfte aller Bienenvölker werden von nur rund vier Prozent der Imker gestellt, und zwar von den ca. 6.500 Berufs- und Erwerbsimkern. Sollte die Imkerei nicht mehr finanzierbar sein, kann man sich schnell ausmalen, was das für die Bestäubungsleistung in Deutschland, die derzeit mit einem wirtschaftlichen Wert von 3,8 Milliarden Euro pro Jahr beziffert wird, bedeutet.

Dieses Schreiben ging als offener Brief an Bundesministerin Steffi Lemke, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.

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Autor: Janine Fritsch, Im Auftrag: Deutscher Berufs- und Erwerbsimkerbund e. V. (DBIB)
Quellen, siehe Link …

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