Unter der Gürtellinie – Wenn Beleidigungen unter Mietern und Eigentümern vor Gericht landen
Zum Glück verläuft der Alltag unter den Bewohnern von Mietshäusern und Mitgliedern von Eigentümergemeinschaften in der Regel friedlich. Beleidigungen zählen zu den absoluten Ausnahmeerscheinungen. Aber sie kommen natürlich vor. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS stellt einige Urteile deutscher Gerichte vor, die sich damit befassen mussten. Meistens geht es darum, was man – gerade noch oder eben nicht mehr – zu seinen Mitmenschen sagen darf. Die Entscheidungen fallen höchst unterschiedlich aus, weil es oft auch auf die konkreten Rahmenbedingungen ankommt.
Verbale Entgleisungen sind schon vor wenigen Zuhörern höchst unangenehm für den Betroffenen. Erst recht ist das so, wenn sie vor einer breiten Öffentlichkeit stattfinden. Ein Vermieter musste zum Beispiel erleben, dass ihn sein Mieter in den sozialen Netzwerken als „Huso“ (Kurzform von „Hurensohn“) bezeichnete. Das Amtsgericht Düsseldorf (Aktenzeichen 27 C 346/18) befand, dieses Vorgehen berechtige zu einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses, denn es handle sich eindeutig um eine schwerwiegende Beschimpfung und Beleidigung.
Bei Beleidigungen spielen die Umstände des Einzelfalls eine gewichtige Rolle – insbesondere auch das vorangegangene Verhalten des Beleidigten. Mieter und Vermieter hatten bereits über einen längeren Zeitraum Streit über die Reparatur einer Gasetagenheizung. Der Mieter schrieb schließlich einen Brief an den Hausverwalter, in dem er von dessen „erbärmlichem“ Niveau sprach und davon, dass dieser eine „Untreue“ begangen habe. Das Amtsgericht Neukölln (Aktenzeichen 10 C 119/19) betonte, im Rahmen solch einer langwierigen und hitzigen Auseinandersetzung könnten schon mal „harte Worte“ fallen, „ohne dass hierbei gleich von einer Ehrverletzung ausgegangen werden kann“. Eine fristlose Kündigung des Mieters sei nicht gerechtfertigt.
In einer Mietwohnung war nach Angaben des Bewohners die Wassertemperatur zu niedrig und er mahnte eine Reparatur an. Als der Eigentümer selbst vorbeikommen wollte, um das Problem in Augenschein zu nehmen, wurde er vom Mieter als „Sie promovierter Arsch“bezeichnet. Nach Ansicht des Amtsgerichts München (Aktenzeichen 474 C 18543/14) war das eine völlig unangemessene und heftige Beleidigung, die zu Recht eine fristlose Kündigung nach sich zog.
Nicht nur den unmittelbaren Vertragspartner, sondern auch die im Objekt eingesetzten Handwerker haben Anspruch auf eine angemessene Wortwahl. Ein Untermieter vergaß das, als in einer Nachbarwohnung am frühen Morgen Bauarbeiten durchgeführt wurden. Er bezeichnete die Handwerker als „Motherfucker“ und sagte zu ihnen „Fuck you“. Das Amtsgericht Neukölln (Aktenzeichen 13 C 126/18) sah nur deswegen von einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses ab, weil es sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt habe.
Normalerweise sind nicht genehmigte Tonband- und Videoaufnahmen als Beweismittel nicht zugelassen. Eine Ausnahme kann allerdings dann vorliegen, wenn auf diese Weise schwerste Beleidigungen dokumentiert sind und die Aufzeichnungen nicht heimlich im privaten Kreis erfolgten. Das Amtsgericht Bottrop (Aktenzeichen 11 C 264/22) sah dies als gegeben an, als in einem (auf Video dokumentierten) Streit zwischen Mieter und Vermieter Formulierungen wie „Drecksstück“ und „sonst bringe ich dich um“ aus dem offenen Fenster heraus gefallen waren. Die Mieter mussten die Wohnung räumen.
Besonders fatal für den Urheber sind Beleidigungen immer dann, wenn sie in Kombination mit körperlichen Attacken stattfinden. Denn das zeigt deutlich, dass es sich um schwerwiegende Übergriffe handelt. Ein Mieter sagte zu seinem Vermieter „Halt die Fresse“ und berührte diesen auch noch am Oberkörper, so dass er ausweichen musste. Nach Meinung des Amtsgerichts München (Aktenzeichen 473 C 9473/21) war damit keine weitere Vertragsbeziehung mehr möglich.
Verbale Entgleisungen können nicht nur mietrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen haben. Prinzipiell ist es auch möglich, dass ein Betroffener auf Schmerzensgeld klagt. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VI ZR 496/15) hält es allerdings regelmäßig für nicht erforderlich, Schmerzensgeld zuzusprechen, wenn die Beleidigungen nicht in der Öffentlichkeit gemacht wurden und wenn sie sich nicht über einen längeren Zeitraum erstreckten. In solchen Fällen könne es genügen, wenn die Geschädigten ihre Unterlassungsansprüche durchsetzen.
Es gibt wohl kaum eine schlimmere Form der Beleidigung, als wenn diese ausgerechnet während einer Fernsehsendung geäußert wird. Dann nimmt nämlich ein größtmögliches Publikum daran teil. Ein Prominenter äußerte in einer TV-Sendung, seine Vermieter seien „Arschlöcher aus München“. Das führte nicht nur zu einer fristlosen Kündigung, sondern auch zu einem Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 Euro. Das Amtsgericht Charlottenburg (Aktenzeichen 210 C 198/20) berücksichtigte hier insbesondere die Öffentlichkeit der Beleidigung.
Dieser Auslöser für eine mietrechtliche Auseinandersetzung war besonders hässlich: Ein Bewohner hatte seine Freundin geschlagen und lauthals beschimpft. Ein Nachbar ermahnte ihn, sofort damit aufzuhören. Als Konsequenz beleidigte der Gewalttäter nun auch noch den Nachbarn (unter anderem mit „Lass mich in Ruhe, sonst stirbst du“). Das Amtsgericht München (Aktenzeichen 474 C 18956/16) stimmte angesichts dieser schwerwiegenden Vorwürfe einer fristlosen Kündigung zu, zumal die Polizei in der Wohnung des Mannes auch noch eine Axt und Kampfmesser entdeckt hatte.
Der Eigentümer einer Immobilie wollte sich für einen seiner Mieter einsetzen, der von einem anderen Mieter rassistisch beleidigt worden war. Als er den Betroffenen wegen dieses Vorfalls zur Rede stellte, bezeichnete dieser den Eigentümer als „Schwein“. Das war dem Amtsgericht München (Aktenzeichen 411 C 8027/13) dann doch zu viel. Es entsprach dem Ansinnen des beleidigten Vermieters, dem Unruhestifter die sofortige fristlose Kündigung auszusprechen.
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Quelle: Dr. Ivonn Kappel, Referat Presse, Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen
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