Statistischen Bundesamt: Mehr Arbeit, weniger Geld. Frauen leisten 43,8 % mehr unbezahlte Arbeit als Männer

Gender Care Gap 2022: Frauen leisten 43,8 % mehr unbezahlte Arbeit als Männer
Die Lücke zwischen Frauen und Männern bei der unbezahlten Arbeit wurde im Zeitvergleich kleiner, sie ist aber nach wie vor beträchtlich
  • Laut Zeitverwendungserhebung 2022 verbringen Frauen im Durchschnitt knapp 30 Stunden pro Woche mit unbezahlter Arbeit, Männer knapp 21 Stunden
  • Fast die Hälfte der unbezahlten Arbeit von Frauen besteht aus klassischer Hausarbeit wie Kochen, Putzen und Wäsche waschen
  • Jede vierte erwerbstätige Mutter empfindet ihre Zeit für Erwerbsarbeit als zu knapp bemessen – jeder vierte Vater findet, dass er zu viel Zeit im Job verbringt
  • Jede sechste Person in Deutschland fühlt sich oft einsam – besonders betroffen sind junge Erwachsene, Alleinerziehende und Alleinlebende

Frauen in Deutschland haben im Jahr 2022 pro Woche durchschnittlich rund 9 Stunden mehr unbezahlte Arbeit geleistet als Männer, das entspricht 1 Stunde und 17 Minuten pro Tag. Der Gender Care Gap lag damit bei 43,8 %. Diese Kennziffer zeigt den unterschiedlichen Zeitaufwand, den Frauen und Männer ab 18 Jahren für unbezahlte Arbeit durchschnittlich aufbringen. Unbezahlte Arbeit setzt sich dabei aus „Sorgearbeit“ in der Haushaltsführung, Kinderbetreuung und der Pflege von Angehörigen, aber auch freiwilligem und ehrenamtlichem Engagement sowie der Unterstützung haushaltsfremder Personen zusammen. Dieses und weitere Ergebnisse der Zeitverwendungserhebung (ZVE) 2022 hat das Statistische Bundesamt (Destatis) am 28. Februar 2024 in einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt. Bei der vorausgegangenen ZVE 2012/2013 hatte der Gender Care Gap noch bei 52,4 % gelegen.

„Die Lücke zwischen Frauen und Männern bei der unbezahlten Arbeit wurde im Zeitvergleich kleiner, sie ist aber nach wie vor beträchtlich“, sagt Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamtes. „Dabei hat sich die Zeit, die Frauen wöchentlich mit unbezahlter Arbeit verbringen, im Zehnjahresvergleich sogar um knapp 20 Minuten erhöht. Allerdings stieg der Zeitaufwand bei den Männern noch stärker, nämlich um gut 1 Stunde und 20 Minuten“, so Brand weiter. Insgesamt verbringen Frauen nach den Ergebnissen der ZVE 2022 durchschnittlich knapp 30 Stunden und Männer knapp 21 Stunden pro Woche mit unbezahlter Arbeit.

Hausarbeit, Einkaufen, Betreuung und Pflege übernehmen noch immer vor allem Frauen

Fast die Hälfte der unbezahlten Arbeit setzt sich bei Frauen aus Tätigkeiten der klassischen Hausarbeit wie Kochen, Putzen und Wäsche waschen zusammen. Fast 2 Stunden pro Tag oder mehr als 13 Stunden pro Woche wenden Frauen im Durchschnitt für diese Tätigkeiten auf. Männer verbringen mit weniger als 1 Stunde pro Tag und knapp 6,5 Stunden pro Woche nur halb so viel Zeit damit. Auch mit der Betreuung, Pflege und Unterstützung von Kindern und erwachsenen Haushaltsmitgliedern verbringen Frauen fast doppelt so viel Zeit wie Männer. Pro Woche wenden sie hierfür mehr als 3,5 Stunden auf, Männer nur knapp 2 Stunden. Mit Einkaufen und Haushaltsorganisation verbringen Frauen fast 5 Stunden pro Woche, Männer knapp 4 Stunden. Für die weiteren Bereiche der unbezahlten Arbeit wie handwerkliche Tätigkeiten, ehrenamtliches und freiwilliges Engagement sowie die Unterstützung anderer Haushalte wenden Frauen gut 5 Stunden und Männer knapp 6 Stunden pro Woche auf.

Frauen arbeiten pro Woche insgesamt rund 1,5 Stunden mehr als Männer

Wenn bezahlte und unbezahlte Arbeit zusammen betrachtet werden, arbeiteten Frauen im Jahr 2022 mit durchschnittlich fast 45,5 Stunden pro Woche mehr als Männer, die im Schnitt knapp 44 Stunden arbeiteten. Auch zehn Jahre zuvor haben Frauen mehr gearbeitet als Männer. Allerdings vergrößerte sich der Unterschied zwischen den Geschlechtern: Im Jahr 2022 arbeiteten Frauen rund 1,5 Stunden mehr als Männer, 2012/2013 hatte der Unterschied nur etwa 1 Stunde betragen.

Eltern leisten pro Woche rund 11 Stunden mehr Arbeit als Personen ohne Kinder

Der Umfang an insgesamt geleisteter Arbeit von Erwachsenen im Erwerbsalter von 18 bis 64 Jahren unterscheidet sich je nachdem, ob sie in einem Haushalt mit oder ohne Kinder leben. Betrachtet man Haushalte mit Kindern – also sowohl Haushalte von Alleinerziehenden als auch von Paaren mit Kindern – zeigt sich, dass die Elternteile im Schnitt 57 Stunden pro Woche arbeiten. Damit leisten Väter und Mütter etwa 11 Stunden mehr Arbeit als 18- bis 64-jährige Erwachsene, die in einem Haushalt ohne Kinder leben. Die Mehrarbeitszeit ist in erster Linie durch einen größeren Umfang an unbezahlter Arbeit bedingt – schließlich fallen zusätzliche Aufgaben wie Kinderbetreuung an und die Haushaltsführung erfordert in einem größeren Haushalt ebenfalls mehr Zeit.

Mütter mit Kindern unter 6 Jahren im Haushalt sind pro Woche 9,5 Stunden weniger erwerbstätig als Frauen ohne Kinder

Der Umfang der bezahlten Arbeit von 18- bis 64-jährigen Frauen mit Kindern im eigenen Haushalt hängt stark vom Alter des jüngsten Kindes ab: Mütter von Kindern unter 6 Jahren leisten pro Woche durchschnittlich rund 13 Stunden und damit 9,5 Stunden weniger Erwerbsarbeit pro Woche als Frauen ohne Kinder im Haushalt. Dieser Abstand ist gegenüber 2012/2013 um 1 Stunde kleiner geworden. Mütter mit Kindern im Alter von 6 bis 17 Jahren im Haushalt gehen demgegenüber im Schnitt rund 21,5 Stunden und damit nur 1 Stunde weniger bezahlter Arbeit nach als Frauen ohne Kinder. Der Abstand hat sich hier gegenüber der ZVE 2012/2013 um 3,5 Stunden verringert. Insgesamt verbringen Mütter mit Kindern unter 18 Jahren nach den Ergebnissen der ZVE 2022 durchschnittlich gut 17,5 Stunden pro Woche mit bezahlter Arbeit.

Bei Männern mit minderjährigen Kindern im eigenen Haushalt liegt der Umfang der Erwerbsarbeit dagegen unabhängig vom Alter des jüngsten Kindes bei durchschnittlich rund 32 Stunden pro Woche. Damit leisten 18- bis 64-jährige Väter pro Woche 4,5 Stunden mehr Erwerbsarbeit als 18- bis 64-jährige Männer ohne Kinder.

Die Ergebnisse zeigen: Die Kinderbetreuung und Haushaltsführung wird in Deutschland nach wie vor verstärkt von Frauen übernommen. Während Väter mehr Erwerbsarbeit leisten als Männer ohne Kinder und ihre mit Erwerbsarbeit verbrachte Zeit unabhängig vom Alter der Kinder hoch ist, leisten die Mütter von Kindern unter 6 Jahren nicht einmal halb so viel Erwerbsarbeit wie die Väter. Diese Rollenaufteilung, bei der Mütter sich vorrangig um den Haushalt und die Kinder kümmern und Väter die Haupterwerbstätigen sind, hat sich im Vergleich zu 2012/2013 kaum verändert.

Jede vierte Mutter empfindet Zeit für Erwerbsarbeit als zu knapp bemessen

Gefragt nach ihrem Zeitempfinden schätzt jede vierte erwerbstätige Mutter (24,1 %) die für Erwerbsarbeit zur Verfügung stehende Zeit als zu knapp bemessen ein. Zugleich findet jeder vierte erwerbstätige Vater (25,5 %), dass er zu viel Zeit mit Erwerbsarbeit verbringt. Anders formuliert: Eine von vier erwerbstätigen Müttern würde gerne mehr Zeit für Beruf und Karriere haben, einer von vier erwerbstätigen Vätern würde demgegenüber gerne weniger Zeit damit verbringen und sich stattdessen lieber anderen Dingen widmen. Demgegenüber gibt nur jede siebte erwerbstätige Mutter (15,1 %) an, dass ihre Erwerbstätigkeit zu viel Zeit beansprucht, und nur jeder sechste erwerbstätige Vater (17,6 %) findet, dass ihm zu wenig Zeit für Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht.

Jede sechste Person fühlt sich oft einsam – besonders betroffen sind junge Erwachsene

Erstmals bei einer Zeitverwendungserhebung wurden im Jahr 2022 die Personen ab 10 Jahren zum Thema „Einsamkeit“ befragt. Demnach fühlt sich jede sechste Person häufig einsam. Im Altersgruppenvergleich sind junge Erwachsene im Alter von 18 bis 29 Jahren am stärksten von Einsamkeit betroffen. Jede vierte Person (24 %) dieses Alters fühlt sich oft einsam. Am wenigsten ausgeprägt ist das Gefühl der Einsamkeit nach den Ergebnissen der ZVE 2022 bei Personen ab 65 Jahren. In dieser Gruppe fühlt sich nur jede zehnte Person (10 %) oft einsam. Bei diesem Ergebnis für die ab 65-Jährigen ist allerdings zu beachten, dass Hochbetagte in der Stichprobe unterrepräsentiert sind und Personen in Alten- und Pflegeheimen nicht in die Befragung einbezogen wurden.

Das Gefühl der Einsamkeit hängt neben dem Alter auch von der Haushaltssituation der Befragten ab. Demnach fühlen sich 40 % der Alleinerziehenden und gut ein Viertel (26 %) der Alleinlebenden einsam, aber nur knapp ein Zehntel (9 %) der Personen in Paarhaushalten ohne Kinder.

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Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressestelle
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