Noch zeitgemäß? Kommentar von Sascha Kircher zur Kirchensteuer

Noch zeitgemäß? Kommentar von Sascha Kircher zur Kirchensteuer

Eines vorweg: Ob man Kirchensteuer zahlt oder nicht, hat in Deutschland jeder selbst in der Hand. Die ungeliebte Abgabe, mit der gleichwohl gerade im sozialen Bereich viel Gutes getan wird, scheint für immer mehr Menschen zum Grund zu werden, aus der evangelischen oder katholischen Kirche austreten zu wollen. Freilich noch hinter dem sexuellen Missbrauch und dem katastrophalen Umgang der Kleriker damit. Dass selbst unter erklärten Christen fast die Hälfte angibt, sich wegen der Kirchensteuer einen Austritt vorstellen zu können, müsste bei den Kirchenoberen die Alarmglocken läuten lassen.

Fakt ist: Die Kirchen sind große Wirtschaftsunternehmen, die wie viele andere vor einem Einnahmenproblem stehen. Dabei ist der kirchliche Reichtum immens: Immobilien, Aktien, Kunstschätze summieren sich zu einem hübschen Vermögen, angesichts dessen die Knauserigkeit gegenüber Missbrauchsopfern obszön erscheint. Nicht zu vergessen die rund 600 Millionen Euro Staatsleistungen, die deutsche Steuerzahler, ob getauft oder nicht, jedes Jahr unfreiwillig an den Klerus abführen – eine von Experten als verfassungswidrig bezeichnete Praxis, die vor mehr als 100 Jahren bereits hätte abgelöst werden müssen. Diese Alimentierung ist ebenso eine deutsche Besonderheit wie die Kirchensteuer.

In sekularen Ländern wie Frankreich oder den USA, wo man es mit der Trennung von Kirche und Staat tatsächlich ernst nimmt, gibt es keine Kirchensteuer, in den Vereinigten Staaten ist derlei sogar gesetzlich verboten. Vielleicht lohnt ein Blick in diese Länder, um neue Finanzierungsmodelle zu erschließen. Sofern man nicht aus reiner Bequemlichkeit auf der alten Praxis besteht.

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Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz, Zentraler Newsdesk
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